Das Kunstwerk des Monats

Mai 2025 | Tony Bevan, Arm Extended, 1986, Acryl, Pigment, Kohle auf Leinwand, 207 x 228 cm

Wer die Romane von Raymond Chandler über seinen Privatdetektiv Marlowe kennt, weiß, dass in einem Raum mit kargem Mobiliar – ein Schreibtisch, ein Telefon – alles Existenzielle seinen Anfang nimmt. Wie der Stoiker Marlowe erträgt auch der Mann im Bild seine Umgebung und sein Dasein. Er tut es in einfacher Kleidung, mit nackten Füßen, in einem Raum, der sich in breiten dunklen Strichen um ihn legt, als gäbe es sonst keine Welt. Das meiste im Bild ist in kräftigem Schwarz und Weiß. Umso deutlicher fleckt das Rot dem Mann auf den Bauch, den empfindsamen Schoß und den linken Oberschenkel. Die Ruhe dieses Menschen kontrastiert zu den beunruhigenden Umständen und zugleich kommt sie genau daher. Mit der bloßen Haut des Arms, den er auf dem Schreibtisch ausstreckt, ist auch sein Inneres offengelegt: die Eintrittsstelle seiner Sucht. Die schwarze Kontur, die hochgesträubten Haare, die sehnigen Hände, die dichten Flecken und Schatten verfremden im Bild eine beobachtete Realität. Sie wird, wie bei Marlowe dem Trinker, zum künstlerisch bearbeiteten Zeichen dafür, etwas auf andere Art nicht zu bewältigen.


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